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Die etwas andere
Kanada-Erfahrung

21. November 2011, 20:56 (Big White, Kanada)

Wow, 14 Tage lang kein Lebenszeichen von mir. Nun gut. Ich bin noch da und Kanada ist immer noch genauso spannend wie eh und je. Vergangene Woche, genauer gesagt am 15. November, bin ich mit einigen meiner neuen Mitbewohner in unser Haus auf Big White eingezogen. Bis dahin war es aber ein langer Weg und ich habe dabei auch etwas die andere Seite Kanadas kennen lernen können. Ich werde mal versuchen, es euch so kurz und knapp wie möglich zu schildern.

Eine Straße, zwei Welten. Wie sich Snow Pines Rd. innerhalb eines Monats verändert.

Rob, den ich im Hostel in Kelowna kennen gelernt hatte, erzählte mir, dass er auf Big White für die kommende Skisaison ein Haus gefunden hätte. Ich zögerte keine Sekunde, als er mich fragte, ob ich nicht vielleicht mit einziehen will.

Zwei Tage nach den Vorstellungsgesprächen für Big White fuhren wir in einer kleinen Gruppe rauf, um uns unser zukünftiges Zuhause mal von außen anzusehen. Das Haus gefiel uns auf der Stelle. Wir setzten uns sofort mit Debbie, der Vermieterin, in Verbindung, um sie über unsere Einzugspläne zu informieren. Sie war natürlich erfreut und schon eineinhalb Wochen später besuchte sie uns im Kelowna International Hostel, um von uns die 600 Dollar Kaution zu kassieren - von jedem und zwar cash an Ort und Stelle. Zunächst hatten wir keine Bedenken, auch wenn uns die Höhe der Kaution schon etwas an die Nieren ging. Immerhin sind wir alle Backpacker mit begrenztem Budget. Wir unterhielten uns mit anderen Reisenden darüber. Einige meinten, sie würden weniger bezahlen und wieder andere waren sich sicher, dass die Vermieterin nicht mehr als die Hälfte einer Monatsmiete, in unserem Fall also maximal 288 Dollar, verlangen dürfte. Wir bekamen zunehmend das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. In zahlreichen unendlichen Diskussionen schmiedeten wir letztendlich Pläne, wie wir der Vermieterin klar machen könnten, dass wir nicht bereit wären, soviel zu bezahlen.

Vielleicht hält man es in Kanada einfach nur anders
Wir fanden es außerdem recht merkwürdig, dass wir keinen richtigen Mietvertrag vorgelegt bekamen, sondern vielmehr eine handgeschriebene Vereinbarung. Die Quittungen für die Kautionen waren natürlich auch nur mit der Hand auf abgerissene Papierschnipsel gekritzelt. Vielleicht hält man es in Kanada einfach nur anders.

Als offizielles Einzugsdatum wählten wir den 15. November. Freundlicherweise gestattete uns Debbie bereits eher, also am 1. November einzuziehen - mietfrei! Zwei Wochen umsonst in einem riesigen Haus auf einem der schönsten Flecken in British Columbia zu leben, da brauchten wir nun wirklich nicht lang zu überlegen. Cait, Eric und ich zogen Anfang November als erste ins Haus ein. Was uns sofort auffiel, und was wir in vollen Zügen genossen, war die Ruhe. Das Hostel in Kelowna war zu dieser Zeit vollgestopft mit zukünftigen Big White Mitarbeitern und die wollten in ihren letzten freien Nächten noch einmal richtig Spaß haben. Wir blieben lange wach und jeder entspannte auf seine eigene Weise. Eric und Janosch, der mit uns rauf gekommen war, weil er am nächsten Tag ein Vorstellungsgespräch hatte, nutzten die Gelegenheit, um in den Hot Tub (auf deutsch sagen wir Whirlpool) zu springen. Ich war in der Zwischenzeit eingeschlafen und danach einfach zu müde, es den beiden gleich zu tun. Dasselbe passierte mir in der folgenden Nacht übrigens wieder. Am Samstag Abend schlief ich auf der Couch im Wohnzimmer ein und wachte erst am nächsten Morgen um fünf Uhr dreißig wieder auf. Vorher geschah aber noch Folgendes:

Am Samstag Morgen schrieb mir Cherie, eine der acht Bewohner, die aus Neuseeland stammte, eine Nachricht. Debbie hätte ihr mitgeteilt, dass wir nun doch ab dem ersten Einzugstag Miete bezahlen sollten. Sicher ist das irgendwie logisch und aus wirtschaftlichen Gründen verständlich. Was uns drei aber unglaublich verärgerte, war das gebrochene Versprechen von Debbie, uns die ersten zwei Wochen umsonst im Haus wohnen zu lassen. Cait, Eric und ich hielten eine Krisensitzung und beschlossen, Debbie anzurufen und sie um ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu bitten. Gegen sieben Uhr am selben Abend kam sie vobei. Gleich vorweg; wir hatten keinerlei Chance. Sie beharrte auf ihrem Standpunkt und stellte uns vor die Entscheidung, entweder die Miete zu zahlen oder wieder ausziehen. Wir waren uns sofort einig, dass wir nicht ihr das Geld schenken, sondern es lieber dem Kelowna International Hostel zu Gute kommen lassen wollten. Das sagten wir ihr natürlich nicht, nahmen aber ihr Angebot an, uns am nächsten Tag (sie meinte, sie müsse am Abend nach Kelowna) wieder mit runter zu nehmen. Die zwei Nächte, die wir bis dahin im Haus verbracht hatten, erließ sie uns großzügigerweise.

Wütend und in Eile weckte ich Cait und Eric
Verständlich, dass wir darüber ziemlich verärgert waren, vor allem aber deshalb, weil wir Debbies Worten nun nicht mehr trauen konnten. A propos; das sollte sich schon am nächsten Tag bestätigen. Wie gesagt, ich war gerade auf dem Sofa im Wohnzimmer aufgewacht und rauf ins Bett gekrochen, als sie mir um kurz vor acht eine Nachricht schrieb (ja, ein Anruf wäre mir auch lieber gewesen, denn das kurze Piepsen einer Nachricht lässt sich leicht überhören) und mir mitteilte, sie müsse nun doch schon in vierzig Minuten losfahren. Wütend und in Eile weckte ich Cait und Eric. Wir hatten noch keine Sachen gepackt und stopften daher nur das Nötigste in unsere Rucksäcke, als Debbie auch schon an die Tür klopfte. Den Rest ließen wir im Haus.

Während der Autofahrt versuchte sie vergeblich, uns in Gespräche zu verwickeln. Wir hielten unsere Antworten ziemlich knapp. Achja, an diesem Tag hatte sie übrigens Geburtstag. Wir wussten das, ließen es sie aber nicht wissen. Selbst als sie von ihrem Darling angerufen wurde, die ihr gratulieren wollte, taten wir so, als hätten wir es einfach überhört.

Nach vier Nächten im Hostel in Kelowna mussten wir aber wieder rauf, denn Cait und Eric fingen schon bald mit ihren Arbeiten an und auch bei mir war es bald soweit. Außerdem kostete die Nacht im Hostel auf Big White nur die Hälfte in der Vorsaison. So gern wie wir allerdings auch ins Haus für diese Zeit eingezogen wären; wir blieben standfest in unserem Plan, Debbie keinen Cent mehr als nötig zu geben. Umso glücklicher waren wir aber dann als wir endlich dauerhaft in unser neues Heim einziehen konnten.

Selbst Hollywood könnte es nicht besser in Szene setzen
Mittlerweile sind auch alle anderen Mitbewohner im Haus angekommen und einige sind auch schon mit ihren Arbeiten beschäftigt. So auch ich, aber davon erzähle ich euch mehr im nächsten Blog. Zum Schluss noch kurz ein paar Worte zu Big White. Es ist unglaublich, wie viel Schnee in so kurzer Zeit gefallen ist. Es ist genauso wie es sich jedes Kind in seinen künsten Winterträumen vorstellt. Selbst Hollywood könnte es nicht besser in Szene setzen. Das besondere an diesem Schnee ist, dass er sehr trocken und locker wie Puder ist. Nicht umsonst wird er auch als Champagne Powder bezeichnet.

P.S.: Da meine Blogs in letzter Zeit immer häufiger einen größeren Zeitraum umfassen, versuche ich die Informationen so knapp wie möglich zu halten. Ich freue mich aber, wenn ihr noch mehr über das eine oder andere wissen wollt und einfach noch einmal nachhakt. :)

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Sprache ist nicht rein. Es geht nicht nur um Worte. Sprache lässt sich nicht in echte Sprache und "Dialekte" einteilen. Sprache ist nicht das, was wir aufs Papier bringen. Mit einer Brise Humor schafft es McWhorter, fundierte Wissenschaft verständlich an den Leser zu bringen.

Für Sprachliebhaber ein echtes Muss!
(24. Mai 2013)

"where's ur next update Marcel?!? we need more stories n more photos!!!! we're sooo far far away from havin a proper winter so enjoy it!! take it easy"
- Illi

"Typisch Jule:-D Klasse Marcel, dass du es mal wieder geschafft hast.:-) Ich find die Story so geil und wäre bei Krisensitzungen zu gern dabei, um eure Gesichter zu sehen:-D! Da sag ich mal: Weiter so!"
- Bine

"Da kann ich dem Julchen nur zustimmer. Ist es etwa so krass geheim, was du zu erzählen hast?! Mach was!!! *g*"
- Marlit

"Da fang ich an zu lesen und freu mich wie ein Schnitzel, dass der Marcel hier mal wieder was reingeschrieben hat und dann das-Passwort hääää?? Hab doch keins.... Hilfe Marcel.... Danke Jule ;-)"
- Jule

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