On Air in Kelowna
1. Oktober 2011, 17:27 (Kelowna, Kanada)

Vancouver hab ich nun erstmal hinter mir gelassen. Eine ziemlich große Stadt mit vielen Facetten und wunderschönen Flecken. Allerdings ist das Leben in der Großstadt für mich doch nicht so das Wahre, also beschloss ich, in einen kleineren Ort zu ziehen.

Alles was ich hatte, waren drei kanadische und sechzig amerikanische Dollar
Am Mittwoch Morgen beim Frühstück im Hostel in Vancouver traf ich Dave, ein 'alernativer' Zeitgeist, der mir aber viel von einer Stadt namens Kelowna erzählte und dass es dort viel Arbeit in der Pflückerbranche gäbe. Meine Chancen in Vancouver (und mittlerweile wohl auch in ganz Kanada) einen Job als Lehrer zu finden, standen doch nicht so gut wie erhofft, also warum dann nicht Farmarbeit? Kelowna liegt circa 400 km nord-östlich von Vancouver. Da das Bahnnetz nicht so ausgebaut ist wie in Deutschland, musste ich die sechsstündige Fahrt mit dem Greyhound-Bus nach Kelowna in Kauf nehmen. Die Fahrt ist aber auszuhalten und sie verging dann doch schneller als erwartet. Kurz vor der Ankunft kam ich ins Gespräch mit einem netten Mann, der aus Kelowna stammte und der mir ein paar gute Ratschläge gab. Mein Problem war nämlich, dass ich keinerlei Bargeld mehr einstecken hatte und aus irgendwelchen Gründen meine Kreditkarte nicht an einfachen ATMs (Geldautomaten) funktionierte. Alles was ich einstecken hatte, waren knapp drei kanadische und ca. sechzig amerikanische Dollar. Der nette Mann versicherte mir aber, dass Kanadier problemlos auch den Dollar aus dem Nachbarland akzeptieren, also machte ich mir für die Übernachtung erstmal keine Sorgen. Nur, wie sollte ich von der Greyhound-Station, die über neun Kilometer vom Zentrum Kelownas entfernt lag, zum Hostel kommen?

Glücklicherweise sprach mich an der Station ein Einheimischer an, der auch mit mir im Bus saß und das Gespräch zwischen mir und dem Mann mitgehört hatte. Er sprach mich an, woher aus Deutschland ich denn genau stammen würde und so kamen wir ins Gespräch. Ich fragte ihn, ob er auch ins Zentrum muss und er antwortete, dass er von seiner Familie abgeholt werden würde. Da ich anders nicht gewusst hätte von der Greyhound-Station wegzukommen, fragte ich ihn, ob sie mich vielleicht mitnehmen könnten. Die Familie willigte ein und im Auto stellten sie mir viele Fragen über Deutschland, ob unsere Autos wirklich so klein wären und wie hoch die Kriminalität in Deutschland ist. Letztendlich erfuhr ich, dass die Freundin des Jungen aus dem Bus auch aus Deutschland stammte und nach Kelowna ausgewandert war. Ich erzählte ihm von meinen Visum und dass es das auch für Kanadier in Deutschland gibt und mit meinen Geschichten und nützlichen Tipps hatte ich meine Taxifahrt dann auch bezahlt.

Es ist ein bisschen wie in Pipis Villa Kunterbunt
Am Hostel endlich angekommen musste ich feststellen, dass das mit den US-Dollars doch nicht ganz so einfach war. Der recht junge Rezeptionist ließ mich wissen, dass das wohl mit dem Tausch nicht so einfach wäre, also musste ich um halb acht am Abend nach dieser langen Fahrt noch einmal los zur Bank. Dort funktionierte meine Kreditkarte glücklicherweise.

Das Hostel in dem ich zurzeit wohne, ist ziemlich ungewöhnlich. Hier sind sehr viele Jugendliche (und ganz viele davon aus Deutschland) und das Gebäude ist eigentlich ein einfaches Einfamilienhaus, das für seinen neuen Zweck umstrukturiert wurde. Es ist ein bisschen wie in Pipis Villa Kunterbunt. Allerdings war ich nicht mehr in der Lage, die anderen Mitbewohner wirklich kennen zu lernen und ging direkt zu Bett.

Am nächsten Morgen gab es Pancakes zum Frühstück - umsonst. Die gibt es übrigens jeden Morgen hier umsonst. Und: Bis auf den Teig muss man sie sich selber machen, wobei mit Teig eigentlich nur die Teigmischung gemeint ist. Wasser muss auch noch dran.

My meet'n'greet with Sheryl MacKay

Sheryl und ich beim CBC Open House in Kelowna, BC

Noch in Vancouver schrieb ich mir regelmäßig mit Sheryl* von CBC Radio und sie sagte mir, dass der Sender in Kelowna am ersten Oktober einen Tag der offenen Tür veranstalten würde und lud mich dazu ein. Auch sie würde da sein und dafür aus Vancouver anreisen. Natürlich bin ich da hingegangen. Zufälligerweise, und in dieser großflächigen Stadt war es wirklich reiner Zufall, lag das Hostel nicht weit vom Sendestudio entfernt. Ich fragte Rico, der mit mir im selben Zimmer wohnt, ob er mitkommen will und er stimmte zu. Auch für Erik klang es interessant, also kam er auch mit.

"Hi Sheryl, it's me! Marcel. From Germany!"
Im Studio angekommen, erkannte ich Sheryl sofort. Sie saß gleich am Eingang hinter ihrem Schreibtisch. Ich reichte ihr die Hand und sagte: "Hi Sheryl, it's me! Marcel. From Germany!" Da erkannte sie mich auch und war sehr erfreut darüber, dass ich gekommen war. Wir drückten uns als kannten wir uns schon Ewigkeiten und hatten uns nur eine ganze Weile nicht gesehen. Wir unterhielten uns, machten ein paar Fotos und dann erkundete ich mit Rico und Erik das Studio. Es waren ziemlich viele Besucher da. Im Studio konnte sich jeder, wer will, einmal selbst als Moderator ausprobieren und einen eigenen kleinen Worldreport sprechen. Ihr wisst was kommt: Ich hab's gemacht, aber nicht ohne zunächst ein paar anderen den Vortritt zu lassen und kleinlich zu beobachten, wie alles funktionierte.

Ich bei meinem ersten Moderationsversuch

Als ich mich dann endlich dazu aufringen konnte und mein Nervositätslevel, wie ich dachte, gesunken war, nahm ich auf dem Moderatorenstuhl Platz. Chris, der echte Moderator, gab mir die letzten Hinweise und dann ging es los. Intromusik ab und dann: "This is CBC news." Abwarten. "My name is Marcel Grille with the World Report." Dann folgte eine Meldung, ein Einspieler, die nächste Meldung noch ein Einspieler und dann ein paar vorgegebene Schlussworte und Applaus von allen Zuhörenden im Studio. Gleich in der ersten Meldung blieb mir vor Aufregung aber regelrecht die Stimme weg, aber ein echter Amateurprofi wie ich kann sowas leicht mit einem "Sorry 'bout that!" wettmachen. Das beste aber kommt noch.

Alya, als sie mir sagt, dass sie meine Stimme aufzeichnen wollen

Nachdem ich mit meinem Moderationsversuch durch war, kam Alya, auch Moderatorin, auf mich zu und sagte mir, dass ich noch etwas einsprechen sollte, damit sie es für das 'echte' Radio verwenden können. Sie bat mich folgendes zu sagen: "Hi, ich bin Marcel Grille. You're listening to CBC radio one 88.9 FM in Kelowna and I'm listening to Daybreak from Riesa, Germany online at CBC.ca." Schon nach dem dritten Versuch waren sie zufrieden und nun werd ich am 3. Oktober in der Sendung Daybreak South auf CBC zu hören sein. Leider habe ich den Mitschnitt noch nicht bekommen können, aber Alya versprach mir, ihn mir am Montag nach der Sendung zuzuschicken und dann bekommt auch ihr ihn zu hören.

Das war wohl bisher das beste Erlebnis, das ich in Kanada hatte. Mal sehen, was das toppen wird.

*Sheryl McKay ist Radiomoderatorin bei CBC radio one Vancouver und las eine Email, die sie von mir bekommen hatte, in ihrer Show vor. Radiobeitrag anhören

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