Nach drei sehr familiären Monaten umgeben von zahlreichen lieben Menschen, die mit der Zeit zu einer großen Familie zusammenwuchs, war es Zeit für mich weiterzuziehen.
Yellow Cabs am Times Square
Bereits Wochen im Voraus schmiedete ich Pläne für meine nächsten Ziele in den USA. Corey und seine Familie, die in Delaware lebte, kontaktierte ich als erstes. Ich fand es eine mehr als günstige Gelegenheit ihn nach zwölf Jahren einmal wieder zu sehen.
Corey und ich lernten uns 2001 kennen, als er an einem Austauschprogramm der Bundesregierung teilnahm, in dem amerikanische Jugendliche (Corey war 18 zu dieser Zeit) ein Jahr in Deutschland verbringen konnten. Etwa vergleichbar mit meinem Visum für Kanada.
Der Bus war bei weitem komfortabler als der, den ich zu Beginn meines Kanadaerlebnisses von Vancouver nach Kelowna genommen hatte: schwarze, gepolsterte Ledersessel und keine nervige Klimaanlage, die mir die ganze Zeit ins Gesicht blies. Einziger Wermutstropfen war der recht merkwürdige, übergewichtige Mann, der sieben Stunden neben mir saß und jeglichen Komfort meines Sitzes auch für sich in Anspruch nahm.
Der Grenzübergang in Buffalo verlief reibungslos. Trotzdem war ich unruhig. Man weiß ja nie so recht, was man falsch machen kann.
Am Freitagmorgen gegen 7:30Uhr kam ich in New York City an. Ich war etwas nervös wegen der New Yorker U-Bahn, von der man ja schon so einiges gehört hatte und ich nahm mir vor, sie so gut es ging zu vermeiden. Im Vorfeld hatte ich das Hostel um eine Wegbeschreibung gebeten, wie ich vom Bus-Terminal am schnellsten dorthin finden könnte. In der Antwort erwähnte die Person den L-Train, worüber ich ziemlich erleichtert war, denn offenbar würde ich mit einem Zug und nicht der U-Bahn fahren müssen.
Während ich mich nach dem richtigen Zug umsah, entdeckte mich ein New Yorker und bot mir spontan seine Hilfe an. Er brachte mich zum Ticketautomaten, erwarb eine Dauerfahrkarte für mich und dann sollten sich unsere Wege trennen. Ich fand jedoch schnell heraus, weshalb er so hilfreich war: er fragte mich nach Kleingeld. Ich sagte zu ihm: "You helped me, so I help you." und gab ihm zwei Dollar. Ob ich ihm nicht fünf geben könnte, fragte er mich daraufhin. Ich erklärte ihm, dass ich ein Reisender mit engem Budget sei und diese zwei Dollar alles... Da hatte er sich bereits herum gedreht und ging davon.
Ich hatte einen ganzen Umschlag voller 1- und 5-Dollar-Noten im Wert von $64, die ich vor vielen Jahren von meiner Cousine Steffi bekommen hatte. All die Jahre hatte ich mir vorgenommen, sie irgendwann in den USA wieder auszugeben. Zwei dieser Dollar gerieten sogleich in die Hände eines undankbaren Bettlers.
Es muss gegen halb neun am Morgen gewesen sein, als ich das Hostel erreichte. Check-In war aber erst ab 15:00Uhr. Ich machte es mir auf dem Sofa in der Lobby gemütlich und beschloss ein wenig an meinem Blog zu schreiben. Ich war jedoch so müde, dass mich meine Augen schließlich in die Knie zwangen.
Die Rezeptionistin muss wohl Mitleid mit mir gehabt haben. Sie bot mir an, mir noch etwas vom Frühstücksbuffet zu nehmnen, wofür ich an diesem Tag nichts bezahlen brauchte und wenn ich wollte könnte ich in der Lounge ein Nickerchen machen. Keine halbe Stunde später schlief ich tief und fest. Aus meinem Blog wurde nichts. Glücklicherweise gab es an diesem Abend auch noch ein kostenfreies BBQ im Hostel. Ich musste mich also nicht mal um Abendessen sorgen.
An diesem Tag unternahm ich nichts mehr. Ich nutzte die Zeit eher dafür, im Internet zu recherieren, wo und wie ich sämtliche Sehenswürdigkeiten finden könnte. Ich kam ins Gespräch mit zwei Engländern, die mir ein paar Apps für meinen iPod empfahlen, mit denen ich mich in der Großstadt orientieren könnte.
Eine dieser Apps war für das New Yorker Subway-Netz. Ich war nun vorbereitet, doch mit der U-Bahn zu fahren. Urteil: Viel Wind um nichts. Brooklyn ist sicher kein Nobelbezirk und man sollte es vielleicht vermeiden, zu weit hinein zu fahren. Von meinem Hostel aus nach Manhattan gab es keinen Grund, nervös zu sein.
Ich entschied, so weit nördlich mit meiner Sightseeing-Tour zu beginnen wie nur möglich und mich dann Richtung Süden zu bewegen. Ich wählte die New Yorker Grand Central Station als meinen Startpunkt aus. Sie war mir ihrer Größe und Attraktivität wegen bekannt und ich wollte sie nicht verpassen.
Grand Central Station
Von der Grand Central Station aus lief ich weiter zum Central Park. Im Internet entdeckte ich eine Website, die Filmschauplätze recherchierte und veröffentlichte. Ursprünglich suchte ich darauf nach dem echten Haus der Heffernans aus der Serie "King of Queens". Ich wäre gern hingefahren, denn es befand sich tatsächlich in New York, aber es wäre immer noch eine Stunde Fahrt gewesen. Zu lang. Da fiel mir aber noch ein weiterer Film ein, in dem New York eine große Rolle spielte: Kevin allein in New York.
Ich erinnerte mich an die Szene im Park, in der Kevin an einer Brücke auf die Taubendame trifft. Das musste im Central Park gewesen sein. Ich fand schließlich heraus, welche Brücke es genau war und habe sie im Park dann tatsächlich auch gefunden.
Die Gapstow Bridge im Central Park u.a aus den Filmen Kevin allein in New York und Der Teufel trägt Prada
Als nächstes hatte ich mir das Empire State Building vorgenommen. Ich schaute mir auf der Karte genau an, welchen Weg ich zu gehen hatte. Ich weiß wirklich nicht was ich falsch machte und in einem perfekten System in dem die Straßen in einem perfekten Raster angeordnet sind sollte es kein Problem sein; dennoch schaffte ich es erneut, mich zu verlaufen. In diesem Fall glücklicherweise, denn so stiess ich zufällig auf den Times Square, den ich ansonsten wohl versäumt hätte.
Am Apple Store vorbei lief ich die 5th Avenue in Richtung Süden entlang, wo ich auf jeden Fall am Empire State Building vorbei kommen würde. Ich kam zufällig aber am Trump Tower vorbei, in den ich auch noch schnell einen kurzen Blick warf.
Lobby des Trump Towers
Bei einem schnellen Orientierungsblick auf meine Karte im Anschluss entdeckte ich, dass ganz in der Nähe das Rockefeller Plaza war und beschloss mir dieses auch noch anzusehen.
Prometheus-Statue vor dem Rockefeller Plaza
Auf meinem Weg zum Trump Tower fand ich mich dann mehr oder weniger unerwartet am Times Square wieder. Ich hatte ihn eher in westlicher Richtung erwartet. Ich wunderte mich nur über die große Menschenansammlung und all die bunten Leuchtreklamen. Es dauerte aber nicht lange bis ich erkannte, wo ich war.
Times Square
Doch dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, fand ich endlich das Empire State Building. Ich ließ es mir bei dieser Gelegenheit natürlich nicht entgehen, mir New York von oben anzusehen. Vom 86. Stockwerk des Gebäudes erhoffte ich mir eine fantastische Aussicht. Leider hatte sich mittlerweile eine dicke Wolkendecke über der Stadt gebildet und zwischenzeitlich regnete es sogar. Dennoch konnte ich ein paar gute Ansichten erhaschen.
New York vom Empire State Building aus betrachtet
Ich hatte mir ein paar Sehenswürdigkeiten im Vorfeld recherchiert, doch einige entdeckte ich eben eher durch Zufall. So auch das Flatiron Building, das ich zwar bis dahin nicht beim Namen hätte nennen können, ich kannte es aber von zahlreichen Photos.
Flatiron Building
Als letzte Sehenswürdigkeit des Tages nahm ich mir die Brooklyn-Bridge vor, die ich nach Brooklyn zu Fuß überquerte.
Überquerung der Brooklyn Bridge
Für meinen letzten Tag in New York nahm ich mir Zeit. Ich war am Tag zuvor so durch die Stadt gerast, dass ich nur noch drei (für mich relevante) Sehenswürdigkeiten übrig hatte: Wall Street, Ground Zero und natürlich die Freiheitsstatue. Gegen halb zwei am Nachmittag war ich in Manhattan.
An diesem Morgen überquerte ich die Brooklyn-Bridge Richtung Manhattan erneut zu Fuß und lief geradewegs zum Ground Zero. Auf dem Weg kam ich an der 9/11 Memorial Preview Site vorbei. Ich dachte, es sei ein Museum, worauf ich aber keine wirkliche Lust hatte. Ground Zero war ein paar Straßen weiter und als ich ankam umkreiste ich es, bis ich an einer Straße ankam, von der ich sicher war, sie in vielen Bildern vom 11. September zuvor gesehen zu haben.
Freedom Tower (Ground Zero)
Von dort versuchte ich im Internet herauszufinden, was mich die Tickets für das Memorial kosten würden. Interessanterweise kosteten sie nichts. Einziger Wermutstropfen war allerdings, dass ich den ganzen Weg zur Preview Site zurückgehen musste, um die Tickets abzuholen. Die Schlange war nicht allzu groß, allerdings vergaben sie zu diesem Zeitpunkt nur noch Tickets für 17:00 Uhr. Ich hatte also zwei Stunden Zeit totzuschlagen.
Ich nutzte die Zeit, um mir Wall Street und die New Yorker Börse anzusehen.
New York Stock Exchange (Börse)
Ich ging etwas eher zurück zum Ground Zero. Gute Idee, denn gerade als ich hinter die Absperrung gehen durfte, fing es an zu regnen. Wir warteten und kamen letztendlich doch später als 17:00 Uhr hinein.
Wo einst die Türme standen, befinden sich heute zwei Wasserbecken, auf deren Rand die Namen aller in den Ereignissen Umgekommenen eingraviert wurden. Das ganze ist umgeben von einer Art Park in dem Eichen gepflanzt wurden.
Nordbecken
Da es langsam spät wurde und ich gern noch die Freiheitsstatue sehen wollte, machte ich mich gegen 18 Uhr auf den Weg dur nahegelegenen Staten Island Ferry. Diese Fähre würde mich zwar nicht auf Liberty Island bringen, da wo die Statue steht, sie würde aber wenigstens in nicht erheblicher Entfernung an ihr vorbeifahren. Das beste daran: sie war auch noch kostenfrei.
Freiheitsstatue
Leider mussten alle Passagiere auf Staten Island aussteigen, selbst wenn sie, wie ich, wieder zurück nach Manhattan wollten. Die nächste Fähre fuhr 20:00 Uhr. Eine Stunde auf Staten Island, alle Geschäfte geschlossen und zalreiche merkwürdige Personen ringsherum war jetzt kein Erlebnis.
Zurück auf dem Festland nahm ich diesmal die Subway Richtung Hostel.
Meine letzte Nacht in New York. Meine nächste Station war Newark im Bundesstaat Delaware, wo mich bereits Corey und seine Familie erwarteten.
Die neue Skyline New Yorks