Nach einer ereignisreichen Woche im Camp bekamen wir—laut Pete zum ersten Mal in 13 Jahren—ein komplettes Wochenende, also zwei ganze Tage frei.
Ich, Frank und Alex auf Toronto Island
Ich hatte am Vorabend im Internet nach Unterkünften geschaut. Es war so gut wie nichts mehr frei, nur eine Studentenunterkunft an der Toronter Uni. Aus reiner Bequemlichkeit heraus entschied ich aber erst am nächsten Morgen zu buchen. Natürlich sollte ich das bereuen.
Emily musste zufällig auch nach Toronto. Ihr Vater nahm sie und freundlicherweise auch mich und Andrew mit. Am Abend zwischen viertel und halb acht kamen wir in Toronto an. Da ich kein Telefon hatte, kommunizierten Frank und ich hauptsächlich über Facebook und ich ließ ihn wissen, dass ich auf ihn und Alex vor dem CN-Tower warten würde.
Eingang CN-Tower
An der Toronter Greyhound-Station wurden wir drei rausgelassen. Emily stieg in ihren Bus Richtung London um, Andrew und ich liefen ein Stück gemeinsam. Wir erfrischten uns mit einem Starbucks Eiskaffee und liefen dann zum CN Tower. Da er noch nicht oben gewesen war, riet ich ihm, die 27 Dollar ruhig zu investieren. Die Sonne würde bald untergehen, so dass er Toronto in einem fantastischen Licht erleben könnte wie ich zuvor.
Ich hatte ja nun kein Handy, mit dem ich eine Nachricht hätte schreiben können. Ich erinnerte mich aber von meinem ersten Toronto-Aufenthalt, dass es in der Nähe von Second-Cup-Restaurants immer kostenfreies WLAN gab. Ich entschied also, eine Second Cup Filiale zu finden und Frank eine Nachricht über Facebook zu hinterlassen, in der Gefahr, dass die beiden in der Zwischenzeit am CN-Tower auftauchen würden.
Ich setzte die Nachricht ab, dass ich am Ticketschalter zu finden sein würde, wartete 5 Minuten auf eine eventuelle Antwort, die leider nicht kam, und ging zurück zum Tower.
Von Minute zu Minute wurde ich ungeduldiger. Es war mittlerweile zehn Uhr und ich sah mich schon, mit Tankstellenkaffee vollgepumpt, durch die Nacht irren, um nicht im Schlaf ausgeraubt oder wer-weiß-was zu werden. Ich ging noch einmal zu Second Cup, um mein Posteingang auf mögliche Antworten zu prüfen. Alex ließ mich wissen, dass er in zehn Minuten da sein würde und ich mich nicht von der Stelle rühren sollte.
Im Hostel angekommen fragte ich, ob nicht vielleicht doch noch ein Bett frei wäre und glücklicherweise hatten sie noch ein Bett frei. Allerdings nur noch in einem Einzelzimmer für fünfzig Dollar zum Studententarif. Nach all den Nächten im Camp in einem Raum, der nicht größer war als das Einzelzimmer in diesem Hostelhotel war es mir das Geld wert. Eine andere Wahl hatte ich sowieso nicht.
Wir saßen noch eine Weile zusammen und tranken das ein oder andere Bier. Gegen ein Uhr am Morgen ging ich dann ins Bett.
Die Steam Whistle Brauerei in Toronto
Für den nächsten Tag nahmen wir uns vor, Toronto Island zu erkunden. Zuvor jedoch statteten wir der hießigen Steam Whistle Brauerei einen Besuch ab. Dort nahmen wir für fünfzehn Dollar an einer Six-Pack-Brauereibesichtigung teil. Das heißt, für zwanzig Minuten schlenderten wir durch das unerwartet winzige Werk, um uns im Anschluss ein 6er-Pack Bier abzuholen. Für kanadische Verhältnisse ist diese Menge an Bier zu diesem Preis ein echtes Schnäppchen.
Das Konzert von Dan Mangan
Auf Toronto Island brachten wir das ein oder andere Blonde dann um die Ecke, während wir ein paar Frisbees warfen und die Sonne genossen. Kurz nach zehn machten wir uns auf den Weg zurück aufs Festland.
Für die zweite Nacht bekamen wir drei ein Zimmer gemeinsam. Im Hostel hatten wir die Idee, noch eine Bar aufzusuchen. Bis wir schließlich aufbrachen, war es bereits halb zwei Uhr am Morgen. Irgendwie hatten wir wohl vergessen, dass laut Gesetz in Ontario sämtliche Bars und Kneipen in der nächsten halben Stunde schließen würden. Erfolglos gingen wir zurück ins Hostel. Alex ging es sowieso nicht so gut. Er kehrte bereits eher wieder um. Vermutlich hatte er sich den Magen verdorben.
Kensington Market
Für den letzten Tag hatten wir uns Kensington Market aufgehoben, ein kleines aber sehr individuelles Fleckchen mitten in Torontos China Town. Dort fanden wir ein nettes Restaurant, in dem wir das EM-Fußballspiel Deutschland gegen Dänemark schauten.
Für Frank und Alex war dieser letzte Tag in Toronto auch ihr letzter Tag in Kanada. Nachdem ich gegen 19 Uhr wieder zurück ins Camp aufbrach, machten sie sich zwei Stunden später mit dem Greyhound auf in Richtung New York, wo sie die nächsten beiden Nächte vor ihrer Rückreise verbrachten.
Nach und nach verlassen immer mehr Bekanntschaften und Freunde das Land. Sie brechen entweder auf in weitere Reiseabenteuer oder kehren zurück in ihre Heimat. So werde ich allmählich daran erinnert, dass auch meine Zeit in diesem wundervollen Land langsam zu Ende geht.